20110620

Wirrsal.



Es sank in mir, monoton und gemächlich, wie eine träge Sanduhr. Halbleere Zuversichten taxieren mich mit widersprüchlichen Gedanken, es ist einfach zum verfluchen. Ich spreche hier schließlich von waschechtem Wankelmut, mein werter Freund. Eigentlich weiß ich längst weniger, als dass ich dich ganz und gar nicht zu kennen bräuchte. Im Grunde genommen sind wir alle ein Niemand von vielen, viele von noch mehr, ersetzbar in unmissverständlichster Weise. Wer spricht und redet schon im gleichzeitigen Takt, verschwenderisch raubt man sich selbst all die kurzlebige Zeit durch belanglose Anbiederungen. Verbogen und gewunden brüskieren sich die Worte, es ist ein irrsinnig borniertes Gefecht. Für keine zweite Sekunde werde ich innerlich denken, hoffen, sprechen oder gedanklich abschweifen, denn ich bin keine Heldin, und war niemals eine wagemutige Figur in jenem Spiel, wo es eine Leichtigkeit ist, den Verstand galant zu verlieren. Mich fragend, wer nun der wahre Narr in dieser verirrten Geschichte ist, wird mir absehbar bewusst, das alles in meilenweiter Distanz liegt, unerreichbar für ein dummes Herz. Also steige ich lieber ins Taxi und lasse das unersättliche Wirrsal einmal hinter mir, das ich niemals wollte.





© mimiroux

20110617

Dürre Beherztheit.


An welchen lieblichen Ort sollen mich meine Füße tragen, wenn ich doch scheinbar nirgends bleiben kann? Welche unwahrhaftigen Züge streifen mein heimliches Lächeln, als die Gedanken meine Lippen hauchend in den dezenten Schlaf küssten? Ich verliere Worte, jede kleine Zuversicht entgleitet auf Zehenspitzen aus meiner Hand. Wohin geht ein mildes Lächeln, wenn du es an ein aufmerksames Herz schenkst? Es ergreift schmerzlich den Kopf, so hörte ich es. Einen ersten Schritt könnte ich noch zaghaft wagen, einen zweiten leichtfüßig gehen, aber ich merke kurzerhand wie dürr meine Beherztheit in Wirklichkeit atmet. Am nächsten Morgen der Nacht werde ich mich abermals fragen, mein Blick abschweifend, fernab von dort, wo ich nicht verweilen kann.



© mimiroux

20110615

Regenperlen.


rain



Ich dachte, ich würde träumen... als der Regen in der heutigen Nacht so verspielt an meinem geöffneten Fenster klopfte. Und als ob ich es nicht schon selbst besser wüsste, war ein angehaltenes Schweigen das, was in diesem Moment am angenehmsten war. Hatte ich denn gar eine Wahl? Wie verhasst es mir ist, bei jenen Gedanken, dessen Denkinhalt voller Mutmaßungen ist, die mir kalt erschaudernd ans Herz gehen. 


© mimiroux

20110613

Türschwelle der Erinnerung.


Ich habe gesehen, wie die verschiedensten Menschen in mein Leben traten, wie durch eine Tür zu einem gemütlichen Häuschen. 

Jeder Einzelne verblieb eine Weile als Gast deines Alltags und deiner Gesellschaft, bis eines langen Tages der Moment kommt, wo sie sich wieder verabschieden werden. Manche dieser langen Tage vergehen schon nach Wochen, Monate oder vielleicht erst nach ein paar Jahren. Sehr wenige halten ein Leben lang. Eine Vielzahl dieser Menschen kommen womöglich wieder, manch andere bekommst du jedoch nie mehr zu Gesicht. Mit vielen dieser Besuche wird man unvergessliche Erinnerungen als Gastgeschenk erhalten, hingegen können die Erlebnisse mit dem einen oder anderen schnell verblassen, als wäre nichts geschehen.

Jeder Einzelne wird in diesem Häuschen ein Zimmer besetzen, das des festen oder besten Freundes bzw. Freundin, des Bekannten, des Kollegen... Es gibt unendliche
Namen für diese vielen Räume, ganz persönlich, individuell und öfter austauschbar, als man es je sofort bemerkt.

Es ist ein reges Kommen und Gehen, Bleiben und Verändern, nahezu einem natürlichen Kreislauf ähnelnd.

Was ich bisher aber nicht verstanden habe, wie ungewollt und schnell manches gehen kann. Es erscheint einem unglaublich unwirklich. Der Mensch, den du heute mehr als alles andere liebst, kann am nächsten Tag ein Fremder für dich sein. Der liebe Freund am folgenden Morgen zum verhassten Hintergeher. Die interessante Bekanntschaft zu einer vergessenen Bekanntschaft. Anders noch, kann eine Person, die du als besonders betrachtest, die Tür vor deiner erstaunten Nase zuschlagen, weil man scheinbar nicht die gleichen Empfindungen teilt.

Ich wundere mich, warum einige der vielen Abschiede oder Veränderungen (die am gefühlsbetonten sind) einem so schwer fallen können, obwohl uns doch vollsten bewusst ist, dass ein Kreislauf weder einen Anfang, noch ein Ende besitzt. Welcher Zeitpunkt in unserem Leben es auch sein mag, an neuen Bekanntschaften wird es kaum mangeln, wenn man sich dafür seinerseits auch ein wenig bemüht.

Wieso sich also wünschen müssen, Personen bei sich behalten zu wollen, die längst über eine andere Türschwelle getreten sind oder als veränderte Menschen wiederkommen?

Nichts ist ewig, und ist für die Ewigkeit geschaffen. Dinge geschehen, wie sie geschehen. Es ist nur aberwitzig zu wissen, dass wir das meiste letztendlich gar nicht beeinflussen können. Weder den größeren Teil unseres Handelns, Denkens oder gar unserer Gefühle. Noch weniger können wir andere dazu anhalten, sich nach unserem Hoffen und Wünschen gerichtet zu verhalten und zu sein. Somit können wir also auch niemals die sich schon längst verändernden Beziehungen wirklich festhalten. 

Wir sind unscheinbare Marionetten im Theaterspiel von etwas, das wir, wenn oberflächlich, aber niemals tiefgründig verstehen werden.



© mimiroux

20110612

UntitledIch denke, langsam muss etwas getan werden. Seht ruhig zu, wie weit ihr kommt! Es ist tatsächlich nahezu deprimierend, in aller feinster Weise. Am Ende werde ich hier doch nur stehen, alleine und mit vollem Herzen.


© mimiroux

20110611

Narben des Wankelmuts.



Ein großer Trubel, expandierend über unzählige Gedankenkontinente, unaufhaltsam und doch so unerwünscht. Wieso stellt sich ein innerer Monolog als nun mehr überwältigende Schwierigkeit heraus? Eine Rebellion des Herzens schreitet. Sie marschiert Tag und Nacht, wie eine feinspurige Welle, die grobe Narben des Wankelmuts in tief irritierender Farbe hinterlässt. Die kalte Fraglichkeit brennt infernalisch auf der Haut und dringt krabbelnd, stechend und wie eine langarmige Spinne kriechend hindurch, unter meine pochenden Adern. Man hört nichts, kein weiteres Wort fällt - die stummen Fragen murmeln kontinuierlich in fremder Sprache. Was wollte ich? Was sagtest du? Bewegte sich meine Stimme zu schnell oder war mein Herzschlag zu langsam? Jeder sterbende Tag versteckt neue und verweilende Rätsel, zum erneuten Nachdenken und sich Verdenkens verführend. Fragiles Herz, wo hast du deinen Verstand, deine vorgehaltene Hand? So schutzlos und verwirrt wird es ein leichtes sein, dich skrupellos zu schlachten, ohne, dass du es gar merken würdest. Der Schlächter spricht von naiven Wahnsinn, ein Spiel über die tanzenden Herzlichkeiten. Wie könntest du dir in die Augen sehen, kleines Etwas, wenn deine mühevoll erbaute Wand so derbe einreißt? Ein Weinen im stillen Nächtlichen weckt doch lediglich ein paar einsame Blüten aus ihrem Schlaf, verhallt aber ungehört in naher Distanz. Hinfort laufend, renne so schnell wie du kannst, bevor dich der ewige Unsinn unverhofft einholt und tief unter sich begräbt, in poröser und schamvoller Schwäche. Gedankenlos und leichtfertig, wie du bist... du bist mir zuwider. 


Ich hasse [d]ich.




© mimiroux


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"You should not love someone until you actually know what they are like and if you can't deal with it, [just let it go.]" - Erica.


20110609

Gespräch zwischen Herz und Verstand.

Lady in red


"Ich kann eben nicht aus meiner Haut heraus."
Ich seufzte, und warf ein erneuten Blick auf sein Buch. Obwohl er bezüglich seiner starren Miene mich wohl gekonnt zu ignorieren bedachte, las er nun schon seit 10 Minuten dieselbe aufgeschlagene Seite. Für einen kurzen Moment richtete ich meine Aufmerksamkeit auf eine junge und recht hübsche Dame, die sich gerade bei ihrem Begleiter für die eben liebevoll überreichten Rosen bedankte. Sie strahlte über ihr ganzes entzückendes Gesicht, dessen Züge eine angenehm weiche Nuance besaßen. Meine Mundwinkel bildeten ein unscheinbares Lächeln.
"Du kennst die Abmachung, nicht wahr?"
Ich sah den beiden Spazierenden - sie lachte gerade herzlich über einen Witz, den er machte - bevor ich darauf erwiderte.
"Es scheint mir, als hättest vor allem du nicht vergessen. Dir ist das immer noch sehr wichtig." Ich warf meinem Parkbanknachbarn aus dem Seitenwinkel einen direkten Blick zu. Es war keine Frage, lediglich eine kleine Nebenbemerkung meiner Feststellung. Ich wusste es jedoch schon länger... nein, eigentlich lang genug. Inzwischen hatte er sein Buch zugeschlagen und war meinem vorherigen Augenmerk gefolgt. Er hatte wohl aufgegeben.
"Eifersucht hat die Fähigkeit das Herz hässlich zu machen. Wusstest du das?" Er sprach in einem sehr ruhigen und nachdenklichen Ton.
Meine Augen ließen noch nicht von ihm ab. "Ich kenne diese Geschichten schon. Es ist nicht so, als ob ich mir das alles gewünscht hätte. Im Gegenteil.", sagte ich leicht mürrisch und wandte meinen Blick in die entgegengesetzte Richtung, doch jetzt war niemand mehr zu sehen. "Ich fühle mich richtig aufgewühlt, rebellisch wild und irritierend verwirrt zugleich, auch, wenn man es mir kaum ansehen mag." Die letzten Worte verließen meine Lippen nahezu in einem Flüstern.
"Mir ist ebenfalls nicht recht wohl bei der Sache", entgegnete er und strich sich langsam durchs Haar, als er sich zurücklehnte. "Dieses Gefühl mag heimlich dein eigen sein, und die freundliche Zuwendung dir im Moment geschenkt", er machte eine kleine Pause, "aber wer das Bleiben kennt, der sollte auch ein Bekannter des Vergänglichen sein. Was ist denn mehr ewig, als das Zeitweilige?"
Ich schloss meine Augen, während er sprach, mir wurde erst jetzt bewusst, von welcher Müdigkeit sie heimgesucht wurden. Egal, was ich im Augenblick fühlte, ich wusste, er würde darüber Bescheid wissen. Es war mehr als nur reiner Scharfsinn. Ihm war aber ebenso klar, dass ich erahnte, was er dachte. Daraufhin lachte ich leise. "Und wer der ständigen, zwanghaften Veränderung ausgesetzt ist, sollte sich selbst am meisten schätzen, ist es nicht so?"
Er verzog keine Miene auf meine Worte. "Wir brauchen alle Zeit", sagte er schließlich, "besonders du, mein Freund."
Nun lehnte ich mich gleichermaßen auf die Banklehne. "Anderes würdest du mir so oder so nicht sonderlich als Empfehlung ans Herz legen, oder?", kicherte ich, während meine Augen die vom Sonnenstrahlen durchfluteten Baumkronen betrachtete. Im stillen Nachdenken legte er seine schmalen Finger behutsam auf den Buchdeckel. Die Spitzen strichen über das gemalte Bild eines langhaarigen Mädchens, welches das Cover zierte. Es trug ein rotes, unschuldiges Kleid und ihre grauen Augen hatten etwas menschlich Warmes. Trotzdem machte sie einen tristen Eindruck.
"Ist ein sanftmütiges Schweigen nicht liebenswürdiger, als ein unvorsichtig naiv gesprochenes Wort?", fragte er mich fast schon rhetorisch. Ich erhob meine Stimme nicht, beziehungsweise, hatte ich kaum die Courage dazu. "Wenn die Nacht einmal zum Stehen kommt und die Herzlichkeit gar allmählich an besondere Worte verliert, solltest du der Erste sein, der ein Obdach findet. Selbst der kleinste Hauch von Wind würde deine Augen unwillkürlich benetzen." Er sprach sehr bestimmend, doch gleichzeitig hörte ich die sorgfältige Rücksicht heraus.
"Das wars dann also?", brach ich mein Schweigen, wobei ich selbst nicht recht wusste, wo das Ganze endete. Er verstummte für einen Augenblick, so dass es schien, als würde er seine Antwort gerade zurechtlegen.
"Solange die alten Gewohnheiten noch mit aufrichtiger Bedeutung gepflegt werden... aber dir ist sicher nicht entgangen, wie ich vehement dazu stehe."
Er brachte mich damit tatsächlich noch zum Schmunzeln. "Es ist ziemlich spät, nicht wahr? Auch, wenn du womöglich recht hast." Es klang ein wenig bittersüß. "Wie immer ein großer Denker, und ich bin hier lediglich ein Gefühlsbrocken", witzelte ich amüsiert, aber mein Blick war wundersam apathisch.
Er bemerkte es, faltete seine Hände zusammen und starrte wortlos in die Ferne. Man konnte das frühe Singen der weit entfernten Vögel belauschen. Es war wieder Morgen.
Als er sich wieder das Buch besah, weinte das Mädchen.



© mimiroux

20110606

Love never fails.

"Findest du mich auch komisch?", fragte sie mich. So wie sie es sagte, tat es mir noch mehr weh, als ich mir vorgestellt hatte. Wir waren schon fast bei ihrem Haus angekommen. als ich stehenblieb und sie an mich zog. Ich küßte sie. Als wir voneinander ließen, senkte sie den Blick. Ich legte ihr einen Finger unter das Kinn und hob ihren Kopf, so daß sie mich ansehen mußte. "Du bist ein wunderbarer Mensch, Jamie. Du bist schön, du bist freundlich, du bist zärtlich... du bist alles, was ich gern wäre. Wenn die anderen dich nicht mögen oder dich komisch finden, dann ist das ihr Problem."
In dem Dämmerlicht des kalten Wintertages konnte ich sehen, wie ihre Unterlippe zu zittern begann. Auch mir war jämmerlich zumute, und mein Herz klopfte laut. Ich sah ihr in die Augen und legte alle meine Gefühle in ein Lächeln. Ich wußte, daß die Worte ihren Weg bahnen würden.
"Ich liebe dich, Jamie", sagte ich zu ihr. "Du bist das Beste, was mir je in meinem Leben passiert ist." [...]
Sobald ich die Worte ausgesprochen hatte, ließ Jamie ihren Kopf sinken und fing an zu weinen.. Ich nahm sie in die Arme und wunderte mich, daß sie so traurig war. Sie war dünn; erst jetzt merkte ich, wie zerbrechlich sie eigentlich war. [...]
Sie weinte ziemlich lange, so schien mir, an meiner Brust. Ich wußte nicht, was ich denken sollte oder ob sie meine Gefühle teilte. Dennoch tat es mir nicht leid, die Worte ausgesprochen zu haben. Die Wahrheit bleibt die Wahrheit, und ich hatte ihr gerade versprochen, ihr immer die Wahrheit zu sagen.
"Bitte, sag so was nicht", hörte ich sie, "bitte..."
"Aber wenn es doch stimmt...", unterbrach ich sie, weil ich dachte, sie glaube mir nicht.
Sie schluchzte nur noch heftiger. "Es tut mir leid", flüsterte sie zwischen den Schluchzern. "Es tut mir so leid..."
Plötzlich war meine Kehle wie ausgetrocknet. "Was tut dir leid?", fragte ich. Ich mußte verstehen, was sie bekümmerte. "Hat es mit meinen Freunden zu tun? Was sie sagen werden? Das ist mir alles egal - wirklich." Ich versuchte, mich an irgend etwas zu klammern, ich war verwirrt und, ja - ich hatte Angst.
Es dauerte eine ganze Weile, bevor sie aufhörte zu weinen, und dann sah sie zu mir auf. Sie küßte mich zärtlich, es war fast wie der Hauch eines verbeiziehenden Atems, und fuhr mit dem Finger sanft über meine Wange.
"Du darfst nicht in mich verliebt sein, Landon", sagte sie und sah mich mit rot geschwollenen Augen an. "Wir können Freunde sein, wir können uns treffen..., aber du darfst nicht in mich verliebt sein."
"Warum denn nicht?", sagte ich heftig. Ich verstand gar nichts mehr. [...]
Ein trauriges Lächeln zog über ihr Gesicht, da verstand ich, was sie mir sagen wollte. Sie sah mir fest in die Augen, als sie die Worte sprach, die meine Seele betäubten.
"Ich muß sterben, Landon."


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"Love is always patient and kind
it is never jealous

Love is never boastful nor conceded
it is never rude or selfish

It does not take offense
it is not resentful

Love takes no pleasure in other people's sins
but delights in the truth

It is always ready to excuse
to trust to hold
and to endure whatever comes "








(from 'A Walk to Remember' by Nicholas Sparks.)