20120515

Einsamkeit.


"Einsamkeit ist Unabhängigkeit, ich hatte sie mir gewünscht und mir erworben in langen Jahren. Sie war kalt, o ja, sie war aber auch still, wunderbar still und groß wie der kalte stille Raum, in dem die Sterne sich drehen."

- Hermann Hesse, "Der Steppenwolf"

Wir alle wünschen uns, bessere Menschen zu sein, die ihr eigenes Glück entweder durch eigener Hand mühsam schmieden oder zu Zeiten überraschend und fast in aller Zufälligkeit auflesen. Mit großzügigem Vertrauen, zu sich selbst und anderen, in Unabhängigkeit zur Welt und gleichzeitig in ihr verweilend. Ist es nicht das Einsamsein, das uns lehrt, nach Stärke zu streben, bevor man tiefer versinkt? So kalt, und grausam sie auch sein mag, sie kommt an stillen Tagen wie ein hustender Kirchenbesucher. Ich, mich selbst beobachtend, reflektierend, finde dann die vorgeblich heroische Unabhängigkeit, die sich darin verbirgt, doch statt der verkühlten Isolation stehe ich hier, in der großen Menge und sehe ihr nun erneut in die Augen. War die Welt nicht schon immer widersprüchlicher, nahezu irrsinnig, aber dennoch für sich selbst umso logischer? Ein Geschmack mit bitterer Süße zergeht auf der Zunge meiner sprunghaften Gedanken, bevor ich in jene Augen eines Antlitz blicke, die meiner Einsamkeit ein liebevolles Schweigen schenkt.



© mimiroux

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